Teil 15 Das nächste Kapitel...mit einem Weggefährten....

 

Auch am nächsten Tag kommt Wissem noch nicht, da die Bahn immer noch streikt. Und so genieße ich den Tag in Gabès allein.

Ich gehe auf den Souk und probiere mich aus...beim Gemüse kaufen...radele zum Meer....  Ich schreibe viel und drehe eine große Runde am Meer entlang bis zu den Industriegebieten und fahre durch die Wohnsiedlungen zurück. 

Als die Sonne untergeht komme ich zufällig am Souk wieder raus und setzt mich in einen kleinen Imbiss und esse etwas. Herrlich. 

Von hier habe ich einen wunderbaren Blick auf den Markt und die Taxistände. Und da bleib ich dann einfach den ganzen Abend sitzen. 

 

 

 

 

Am nächsten Morgen sitze ich das zweite Mal vor dem Hotel Regina in der Sonne.  In dem Café Regina sind hauptsächlich ältere Männer. 

 

Es kostet mich jedesmal ein bißchen Überwindung. Ich bin die einzige Frau und Europäerin hier. Ich könnte auch drinnen im Hotel sitzen, doch ich möchte hier in der Sonne sitzen und ich kann das Fremde aus halten. 

 

Ich grüße freundlich und manche nicken mir zu. 

An diesem Morgen sitzen viele ältere Männer zusammen. Es gibt kaum Plätze, nur einen einzelnen Tisch ohne Stühle hinter der Männergruppe.

Ich nehme mir einen Stuhl von drinnen und setze mich ganz an den Rand. Ich frühstücke das obligartorische Crossoant mit Kaffee.

 

Ich hab was zu schreiben dabei, da in den nächsten zwei Stunden Wissem kommen wird. Ich soll ihn auf jeden Fall vor dem Hotel abholen. 

 

Die Männer am Nebentisch sprechen viel über Corona und werfen mir immer wieder ernste Blicke zu. Es ist der 12. März und weiß noch nicht viel über Corona in der ganzen Welt. 

Ich kann spüren und hören, dass sie sich Gedanken und Sorgen machen. 

 

 

 

 

 

Und dann kommt Wissem irgendwann mit dem Rad um die Ecke geschoben. 

Wir sind schon länger über Facebook befreundet. Seit Dezember haben wir intensiver geschrieben und über Video Chat telefoniert. Wir sehen uns das erste mal - und mögen uns.

Er zittert ... warum auch immer.  

  

Wir sitzen lange im Innenhof zusammen...erzählen, schauen uns die Sachen an, die ich dabei habe und überlegen, was wir noch brauchen.... Wir reden einfaches Englisch, ein bißchen Arabisch, ein bißchen Französisch und nutzen den Translater.

 

Es ist lebendig zwischen uns. Wissem ist enthusiastisch, sagt direkt was er denkt und deutet und fällt auch gerne ins Wort...listen, listen..

oder bin ich es? Ich halte mich auf jeden Fall auch nicht zurück. 

 

Wir diskutieren über den Weg. Das haben wir schon oft am Telefon.

Ich möchte mittig durchs Land fahren, auf kleinen Straßen, durch Dörfer und Berge.

Wissem findet es grundsätzlich zu gefährlich und möchte lieber an der Küste entlang fahren.

Er befürchtet Terroristen und schlechte Menschen, die uns überfallen. Lässt mir jedoch das letzte Wort und ich bin an der Stelle wenig kompromissbereit.

 

Er lebt in Tajerouine mit seinem Großvater zusammen. Arbeit gibt es dort kaum und Hunger ist ihm nicht fremd. 

Ich habe ihn im Vorfeld schon bezahlt und lasse ihn frei jederzeit abzubrechen. Er hätte von daher auch garnicht kommen brauchen.

Er ist gekommen und will mit mir das Abenteuer erleben und......mich natürlich beschützen. 

Er konnte von dem Geld einen LKW Führerschein machen und ich hoffe, das ihm das irgendwann die ersehnte Arbeit bringt.

Ein Zelt konnte er sich von seinem Bruder ausleihen. Schlafsack und Matte habe ich für ihn mitgebracht. 

 

Es gibt es eine Einladung von seinen Cousinen aus Sfax.

Ok, das zieht bei mir. Natürlich möchte ich die Cousinen kennenlernen und besuchen.

Und vielleicht ist es eine gute Idee an der Küste anzufangen. Die Strecke ist flach und überschaubar - Sfax liegt 150 km oberhalb von Gabès am Meer.

 

Wissem fährt das erste mal Fahrrad und er kann sich so eingewöhnen. Und wir könnten dann von Sfax Richtung Inland fahren mit einen kleinen Bogen um Kairouan.

Das soll ein Nest für Terroristen sein. Das habe ich auch von verschiedenen Seiten gehört. 

 

Obwohl er kaum Geld hat, bringt er mir ein Geschenk mit. Und er trifft mit der Ukulele ins Schwarze. Ich bin sehr gerührt.

 

Wir gehen erstmal essen....der Imbiss in dem ich gestern war, gefällt ihm auch und es ist mir eine wahre Freude ihm bei essen zuzuschauen, wie achtsam und genußvoll er ißt. 

 

 

 

 

Dann versuchen wir Geld abzuheben. Wir gehen zu mehreren Banken und probieren Automaten aus. 

Die Karten hatte ich in Deutschland frei schalten lassen, aber es funktioniert nicht. Irgendwann wird eine Karte vom Automaten eingezogen. Ich bekomme sie jedoch wieder. 

Am Schalter wird uns geraten, die Bank in Deutschland anzurufen....oder es morgen nochmal zu probieren. Ich finde das die Bankangestellten etwas schroff mit ihm reden, ich bin jedoch raus aus den Gesprächen, auch wenn ich versuche auf Englisch mitzumischen. Nein, kein Englisch, nur Arabisch. 

 

Wir gehen zurück zu "Regina". Ich rufe in Deutschland meine Bank an. Bevor ich die richtige Mitarbeiterin am Hörer habe, bricht das Gespräch ab. Mein Guthaben ist alle, da ich eine tunesische Simkarte habe. Meine Tochter ist so nett und schickt mir das Geld über Western Union. Eine einfache, aber teurere Möglichkeit.

 

Wissem ist müde und sieht auch sehr blass um die Nase aus. Als er schläft, hol ich das Geld ab und gehe nochmal auf den  Souk und erfreue mich an den vielen kleinen Kontakten und Herausforderungen. 

Ich habe mit ihm gestern noch ein wenig Arabisch gelernt und versuche es an den Ständen und in den kleinen Geschäften anzuwenden. 

...Wasser, Salz, Hühnchen, Baguette, Eier, Käse.....und bekomme alles....

 

und abends fangen wir schon mal mit der Selbstversorgung an...... 

 

 

 

 

 

Er möchte bei mir mit im Zimmer schlafen , also er will "not only" und schwört auch das er in seinem Bett bleibt. 

Zwei Zimmer sind ja teurer als eins, doch nein, ich bin mir sicher, auch wenn ich seine Nähe sehr mag ... 2 Zimmer bitte.

 

 

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