Omar bringt uns und die Räder am nächsten Morgen mit einem geliehen Wagen nach Tunis. Der öffentliche Fernverkehr ist wegen Corona eingestellt. Ich bekomme Hinweise aus Deutschland....und ich registriere mich bei der deutschen Botschaft für die Rückholflüge und buche bei Airbnb ein Zimmer in Carthage in der Nähe von dem Fahrradverleih.
Die Botschaft will eine Mail schicken, wenn Flüge zurückgehen. Das kann dann innerhalb weniger Stunden passieren. Man kann erstmal so mitfliegen, Rechnung gibt es hinterher in unbestimmter Höhe. 😅
Omar lässt uns am Taxistand raus. Die Taxis fahren noch in Tunis. Und wir radeln die 20 km nach Carthage raus. Den Weg kenne ich ja schon, vorbei am Fährhafen und am Fahrradverleih in eine reiche Wohngegend auf einem Hügel mit römischen Stätten direkt um die Ecke und das Meer zu Füßen.
Das Zimmer ist zauberhaft, mit Küchenzeile und Bad. Das kleine Apartment hat sogar ein Waschmaschine, was für ein Luxus. Vor der Tür ist ein kleiner sonniger Hof in dem wir sitzen und unsere nasse Wäsche trocknen können.
Hier könnte ich auch eine mehrwöchige Ausgangssperre aushalten...aber nicht bezahlen.
Nach dem Waschen und Duschen radele ich alleine zu dem 14 km entfernten Flughafen. Ich will schauen, ob es doch Flüge gibt und ob ich die Fahrradmitnahme regeln kann. Ab 18 Uhr ist Ausgangssperre, ich müsste es bis dahin knapp schaffen.
Wissem will einkaufen gehen. Super.
Ich fahre schnell und leicht ohne das Gepäck auf dem Rad, höre Musik über Kopfhörer und bin geflasht, Tunis fliegt an mir vorbei.....herrlich.
Im Flughafen ist tote Hose. Alle Schalter haben geschlossen. Es gibt einen Flug nach Paris, das war's. Viele gestrandete Passagiere sitzen herum. Ich finde einen Polizisten, der meint das am Freitag Flüge gehen, damit soll er recht behalten. Heute ist Mittwoch.
Ich möchte die restliche Zeit genießen und wenn es sein soll, auch hier bleiben. Mal sehen, was mir zugedacht ist.
Ich radele zurück nach Carthage. Ich bin durstig und hungrig und fahre auf kleineren Straßen und halte Ausschau nach einem Geschäft. Die Cafés haben alle zu. Es ist weit nach 16 Uhr.
Ich finde einen kleinen Laden und Wissem ruft an und fragt wann ich endlich zurück komme. Er war zu Fuß unterwegs und hat keinen Laden gefunden. Und so kaufe ich ein bißchen mehr ein. Als ich durch einen belebteren Stadtteil fahre, finde ich noch ein Fleischer der offen hat und besorge Hühnchenfleisch. Viertel vor 6 ruft Wissem wieder an, er ist ungeduldig und macht sich Sorgen, ich werde Schwierigkeiten mit der Polizei bekommen....
Ich passiere tatsächlich eine Polizeikontrolle, die Beamten sind entspannt und ich auch. Nichts passiert.
Viertel nach 6 komme ich in dem kleinem Apartment an. Wissem ist sauer, er hat sich Sorgen gemacht und deutet mein Verhalten.
Ich bedanke mich nur bei ihm. Für mich ist alles gut. Für ihn ist es schwer auszuhalten.
Am nächsten Tag fahren wir mit dem Rad herum und schauen uns römische Stätten an, radeln zum Meer und gehen in einen Supermarkt.
Wir sind wieder in einer größeren Leichtigkeit.
Er kocht Gerbana und Tayine, es schmeckt phantastisch.....
.....und ist wieder verschlossen....morgen sollen mehrere Flieger nach Deutschland gehen. Ich muss ab 8 Uhr am Flughafen sein.
Er ist verschlossen, weil ich jetzt "einfach" fahre. Ja. Ich lasse ihn. Ich kann ihm aus seinem Leben nicht raushelfen.
Wir essen wortlos und plötzlich überkommt mich eine Traurigkeit und die Tränen fließen.
Ich lasse es einfach laufen. Ich bin traurig morgen zu fahren und über die letzten Stunden in Distanz...
.....jedoch wird er ganz weich.....und öffnet sein Herz.....
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Maria (Mittwoch, 22 April 2020 17:06)
Es ist einfach. Es ist wunderschön. Ich danke dir fürs Teilen.
Maria (Mittwoch, 22 April 2020 17:07)
Huch! Und es ist doppelt. (-;