Führung....eine Geschichte aus den Bergen

Am Lech

Unsere Reise beginnt mit einer langen Zugfahrt von Norddeutschland nach Österreich. 

Bis nach Hannover wird geplaudert. Ich schlage irgendwann den Redekreis vor....ich muss mich dafür selber ein bisschen an die Hand nehmen, um solche Vorschläge zu machen. Es gibt immer einen sehr starken Anteil in mir, der alles so natürlich wie möglich lassen möchte. Was ist jedoch natürlich? Manche haben einen größeren Rededrang, andere können gut zuhören....ich mache immer wieder die Erfahrung, das es auch gut ist, diese Muster zu durchbrechen.

 

Als wir im nächsten Zug Richtung Zürich fahren, nimmt eine von den Frauen das Angebot an und macht den Anfang....wir benutzen eine 3 Minuten Sanduhr, jede spricht von sich, was sie bewegt....wir stellen keine Fragen, geben keine Tips und Bewertungen....hören nur zu....trotzdem entsteht ein Bezug zu den anderen. Wir reden drei Runden so, mit kleinen Pausen dazwischen und ich bin ganz glücklich darüber. Alle kommen schnell in einen natürlichen Redefluss und es entsteht mehr Raum und Tiefe. 

 

In Mannheim steigt noch jemand hinzu....alle schlafen zwischendurch....

 

Irgendwann haben wir eine Stunde Aufenthalt, wir sind mittlerweile in der Schweiz. Uns zieht es raus aus dem Bahnhof. Ich schlage vor, das diejenige die einen Impuls hat, irgendwo hinzugehen , einfach geht und schaut, ob die anderen folgen. Wir stehen mittlerweile an einer größeren Straße. Ich tendiere innerlich eher dazu zum Bahnsteig zurück zu gehen. Waltraud will rechts schauen, ist noch unschlüssig, bei Marina kommt der Impuls durch und sie geht zielstrebig nach links, wir anderen folgen...überqueren die Straße....und gehen in einen Garten....eines alten schönen Hauses, unten gibt es eine Schülerhilfe. Es steht ein großer Baum in der Mitte, eine Bank darunter, ältere Gebäude und Schuppen im hinteren Teil. Es ist niemand hier, wir setzten die Rucksäcke ab....legen uns auf den Rasen und jede entspannt sich auf ihre Art. 

Ein kleines Paradies ....gut das Marina so mutig war.....

Als wir in Langen am Arlberg aus dem Zug steigen, steht der Bus nach Lech schon vor dem Bahnhof. Der Busfahrer sitzt entspannt auf einer Bank und raucht Zigarello. Ich plaudere ein wenig mit ihm und er bringt uns dann die letzten 20 Minuten nach Lech. Wir fahren durch ein Dorf in den Berge, wo ich mit einigen Frauen aus der Gruppe letztes Jahr gekreuzt bin.

In Lech wartet die letzte unserer Wanderfrauen, sie ist mit dem Auto angereist.

Wir laufen eine viertel Stunde bis zum Ortsrand zu unserer Pension. 

Es ist mittlerweile 21 Uhr und alle haben noch Hunger. In der Pension gibt es nichts mehr zu essen. Wir setzen uns auf den relativ großen Balkon. Ich habe den kleinen Gaskocher dabei und wir machen uns selber Kleinigkeiten....es ist schon dunkel geworden, ich bin müde und die anderen auch.....und so gehen wir bald schlafen......

 

 

 

 

 

Wir sind für 9 Uhr zum Frühstück verabredet.

Ich stehe um 6 Uhr auf und setze mich leise mit meiner Bettdecke auf den Balkon und meditiere und schreibe. 

 

Nach dem Frühstück machen wir eine Rederunde und es fließen die ersten Tränen über das mitgebrachte Leben. Und wir sind da und fühlen mit und sonst nichts. 

Es wird klarer was sich jede für den heutigen Tag wünscht und wir treffen uns kurze Zeit später draußen.

 

Wir stehen eng zusammen, ich leite eine kleine Meditation an und dann geht jede los ihren eigenen Weg mit der Vorstellung mit einem Gummiband verbunden zu sein....das klappt jedoch nur zwischen mir und zwei anderen.

 

 

Zwei andere Frauen sind sehr schnell verschwunden oder sind wir es?

 

Eine andere Frau geht alleine in die andere Richtung.....hmm was nun? Ich entscheide mich, für Vertrauen, das alle gut für sich sorgen und das es jetzt so stimmig ist.

 

Wir stehen am Berg, der Weg von Bäumen gesäumt....ich bin plötzlich ergriffen, habe Tränen in den Augen. Dankbarkeit hier zu sein.

 

Ich liebe die Berge. Ich sehe dasselbe in den Augen der anderen. Wir lassen uns Zeit....die einzelne Frau taucht am Ende des Weges immer mal wieder auf....an einer Biegung passieren wir mit einer Brücke den Fluss. Hier gibt es einen Zugang ....es ist kühl heute.......ich möchte jeden Tag in den Fluss. Zieh mir die Kleidung aus und geh rein....herrlich.

Erstmal ohne Kopf unter Wasser, als wir weiter oben sind gehe ich ganz rein und eine andere Frau geht auch. Wow ist das frisch. Ich bin völlig klar hinterher. Ich lasse mich vom Wind trocknen und ziehe hinterher eine Jacke an, um wieder warm zu werden. 

Die andere Frau ist im Kontakt mit den Bäumen, legt Steine....wir drei bleiben im Sichtkontakt, in der Nähe und Entfernung und gehen irgendwann zurück. 

 

Die anderen finden wir über den gemeinsamen Chat wieder, zwei sind ins Dorf gegangen und eine ist in der Pension. 

Wir verabreden uns in der Pizzeria im Dorf. Dort schlage ich einen Redekreis vor. 

 

Jede erzählt von ihrem Erleben. Ich merke das ich den zweien, die ins Dorf gegangen sind, nicht in die Augen schaue. Ich bin subtil angesäuert....warum? Ah interessant, ich unterstelle ihnen, mich nicht ernst zu nehmen. Meine Projektion und Deutung. Ich nehme sie zurück und will mich selber ernster nehmen mit meinen Vorschlägen.... 

Ich mache kein Pflichtprogramm, jede hat die Wahl. Ich bin dankbar für den Spiegel.....

      

 

     

Später bauen wir uns in einem Zimmer ein kleines Studio....Dehnen uns, machen neurogenes Zittern und geben uns gegenseitig Fußmassagen 💖


Fortsetzung folgt..... 

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Kommentare: 1
  • #1

    Kerstin (Montag, 14 September 2020 13:19)

    Liebe Cordula, liebe Wanderfrauen,
    ich bin dankbar diese Form des sich auf mich und auf euch einlassen gewählt zu haben.
    Ich merke, ich bin gerne allein - verbunden jedoch mit diesem unsichtbaren Gummiband - fiel es mir leichter micht in den Bergen zu bewegen.
    Ich habe viel beobachtet - an mir, in mir, an euch.
    Die Redekreise waren toll. Manchmal, hatte ich das Gefühl, hat einer den anderen durch seine Erzählungen dazu ermuntert, etwas anzusprechen, was ich oder man sich vorher nicht getraut hätte.
    Für mich war es gut nicht direkt etwas erwiedern zu können, sondern erst einmal mit den aufkeimenden Gedanken und Gefühlen selbst in der Stille zu sein.
    Manchmal wurden die Gedanken groß und echt schräg - meistens dann, wenn ich dachte, keiner mag mich. Uaaahhh.
    Doch da habe ich mir schon immer wieder raus helfen können mit: "Es ist meine interessante Ansicht, ich weiß gar nicht, was der andere denkt und fühlt."
    Und ich bin dankbar für unsere "Lass-mal-Luft-ran-Gespräche", Cordula.
    Da kam dann die Erkenntnis, dass ich mir für andere was schönes wünsche - oder vielleicht doch: ich es mir selbst wünsche. :-)
    Also kümmer ich mich mal schön und mich. Und konnte trotzdem auch auf Situationen, die für mich Klärungsbedarf mit euch tollen Frauen hatten, liebevoll eingehen und ihr seid mir genauso liebevoll begegnet.
    Die Alpenüberquerung war eine Herausforderung für mich am meisten mit den Schlafplätzen, bzw. mit der Option draussen zu schlafen, weniger mit der Wegführung.
    Das wir nach der ersten Übernachtung noch eine weitere geblieben sind war für mich gut, mich mit allen meinen Befindlichkeiten zu aklimatisieren und meine Rasselbande an inneren, quengelnden, bockigen und sehr unzufriedenen Kindern zu sehen, nett mit ihnen zu sein und vor allem bei mir zu bleiben und nicht vor mir selbst abzuhauen.
    Es war ein Abenteuer, in dem WIR stets geleitet waren, auch auf unseren Umwegen. So fühlt es sich für mich an.
    Ich bin sehr dankbar für unser aufmerksames, respektvolles, liebevolles, fühlendes miteinander SEIN.
    Herzensgrüße Kerstin